
[FPA SWN • Deutschland]
An das Bayerische Innenministerium
Betreff: Dringende Notwendigkeit einer Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seiner Finanzierung
Zusammenfassung der zentralen Kritikpunkte aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger
Die anhaltende öffentliche Debatte um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) und den Rundfunkbeitrag zeigt eine tiefe und vielschichtige Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Als zuständiges Ministerium sind Sie aufgefordert, sich diesen Kritikpunkten umfassend und lösungsorientiert zu widmen:
Kostenwahrnehmung und Akzeptanz des Beitrags: Obwohl die Annahme einer 70%igen Weigerung zu hoch gegriffen ist, verdeutlichen die Millionen von Mahn- und Vollstreckungsverfahren eine massive Akzeptanzkrise des Rundfunkbeitrags. Die Bürgerinnen und Bürger sehen nicht ein, warum sie einen Pflichtbeitrag zahlen sollen, wenn der ÖRR zusätzlich Werbeeinnahmen generiert – auch wenn diese aktuell nur einen geringen Teil ausmachen. Eine transparentere Darstellung der Finanzströme und eine klare Begründung der Notwendigkeit des Beitrags sind unerlässlich.
Frage der Notwendigkeit im modernen Medienzeitalter: Viele Bürgerinnen und Bürger stellen die Existenzberechtigung des ÖRR infrage. Angesichts einer Fülle von privaten Nachrichtensendern (wie n-tv, WELT) und Streaming-Angeboten wird der Mehrwert des ÖRR nicht mehr als selbstverständlich angesehen. Es muss deutlich gemacht werden, welche spezifischen und unverzichtbaren Leistungen der ÖRR jenseits kommerzieller Angebote und abseits der allgemeinen Medienflut erbringt, insbesondere in den Bereichen regionale Berichterstattung, Bildung und Kultur.
Wahrgenommene politische Schlagseite und fehlende Staatsferne: Es besteht der gravierende Eindruck, dass der ÖRR in seiner Berichterstattung, wie beispielsweise während der Krim-Krise 2014, eine gezielte politische Richtung einschlägt und nicht die gebotene Neutralität und Unabhängigkeit wahrt. Dieser Eindruck wird verstärkt durch die Präsenz von Politikern in den Aufsichtsgremien und die direkte politische Einflussnahme auf die Höhe des Rundfunkbeitrags. Die Verfassungsmäßigkeit der Staatsferne muss sich in der gelebten Praxis stärker widerspiegeln.
Intendantengehälter als Vertrauensbruch: Die Höhe der Gehälter von Intendanten und Führungskräften ist für viele Bürgerinnen und Bürger inakzeptabel und gilt als eklatanter Widerspruch zum Anspruch eines öffentlich-rechtlichen, dem Gemeinwohl dienenden Systems. Die bestehenden Rechtfertigungen greifen hier nicht, da sie das Vertrauen in die sparsame und wirtschaftliche Verwendung der Beiträge massiv untergraben.
Unzureichende Kontrolle der KEF: Es wird angezweifelt, dass die KEF den realen Finanzbedarf des ÖRR ausreichend kritisch prüft. Der Vorwurf lautet, die KEF übernehme die „Wunschsummen“ der Anstalten weitgehend. Eine tiefgreifendere und unbestechlichere Kontrolle der Ausgaben ist vonnöten, die sich nicht von internen Darstellungen „einlullen“ lässt. Eine Stärkung der KEF-Prüfbefugnisse und -ressourcen ist geboten.
Alternativen zur Finanzierung: Die Tatsache, dass andere europäische Länder wie Frankreich und Spanien den Rundfunkbeitrag abgeschafft und ihre öffentlichen Sender aus Steuermitteln finanzieren, wirft die Frage auf, warum Deutschland nicht denselben Weg einschlagen kann. Das Argument der Staatsferne wird hierbei oft als nicht überzeugend empfunden, wenn gleichzeitig die politische Einflussnahme auf anderer Ebene beklagt wird.
Dringendes Fazit und Handlungsaufforderung
Sehr geehrte Damen und Herren des Bayerischen Innenministeriums,
die aktuelle Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist durch eine tiefe Vertrauenskrise und eine mangelnde Akzeptanz des Beitrags gekennzeichnet. Die genannten Kritikpunkte sind keine Nischenmeinungen, sondern spiegeln eine breite Verunsicherung und Ablehnung in der Bevölkerung wider.
Es reicht nicht aus, das bestehende System rein rechtlich zu verteidigen. Die Verfassungsgerichte bestätigen zwar den verfassungsrechtlichen Auftrag, doch die gelebte Praxis steht im Widerspruch zur Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger.
Wir fordern Sie daher dringend auf:
- Leiten Sie eine umfassende und ehrliche Bestandsaufnahme der tatsächlichen Kosten, Strukturen und Leistungen des ÖRR ein.
- Setzen Sie sich für eine konsequente Entpolitisierung der Aufsichtsgremien ein, um die Staatsferne tatsächlich zu gewährleisten und das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Berichterstattung wiederherzustellen.
- Initiieren Sie Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz und Transparenz in den Anstalten, insbesondere bei den Gehältern der Führungskräfte, und fordern Sie eine grundlegende Reform des KEF-Prüfverfahrens, das eine tiefere und kritischere Kontrolle der angemeldeten Bedarfe ermöglicht.
- Prüfen Sie ernsthaft alternative Finanzierungsmodelle, die sowohl die Unabhängigkeit wahren als auch die Belastung und Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern verbessern.
Nur durch mutige und tiefgreifende Reformen kann das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als unverzichtbarer Bestandteil unserer demokratischen Gesellschaft zurückgewonnen und seine langfristige Legitimität gesichert werden. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten jetzt Taten, nicht weitere Debatten ohne sichtbare Ergebnisse.
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