[FPA SWN • EU Report / GROK]
EU lockert Verbrenner-Verbot: Söder fordert radikalere Schritte
Brüssel/München – Die Europäische Union rückt von ihrem ambitionierten Ziel ab, Neuwagen ab 2035 vollständig emissionsfrei zu machen. Stattdessen plant die EU-Kommission eine Abschwächung der Flottenziele, die nur noch eine Reduktion der CO₂-Emissionen um 90 Prozent vorsieht. Ab 2040 soll gar keine vollständige Nullemissionsquote mehr gelten. Diese Kehrtwende stößt auf gemischte Reaktionen: Während Bayerns Ministerpräsident Markus Söder die Maßnahme als „ersten Schritt“ begrüßt, aber für zu lasch hält und weitere Verschärfungen fordert, kritisieren Umweltschützer und Oppositionsparteien einen Rückschritt in der Klimapolitik.
Ein Kompromiss unter Druck
Der geplante Wechsel kommt nach intensiven Verhandlungen zwischen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EVP-Fraktionschef Manfred Weber zustande. Beeinflusst wurden die Pläne durch Forderungen von Bundeskanzler Friedrich Merz, Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und Polens Regierungschef Donald Tusk. Die EU-Kommission will die Vorschläge bereits in der kommenden Woche vorstellen und sie mit einer neuen Batterie-Strategie sowie klimafreundlicheren Dienstwagen-Regeln verknüpfen.
Das ursprüngliche Ziel aus dem Jahr 2022, das einen vollständigen Ausstieg aus dem Verkauf neuer Verbrennerfahrzeuge ab 2035 vorsah, wird damit aufgeweicht. Kritiker wie die Umweltorganisation Greenpeace warnen, dass dies die Klimaziele im Verkehrssektor gefährde und Europa in der globalen Wettbewerbsfähigkeit zurückwerfe.
Söder: „Nur zehn Prozent Verbrenner reicht noch nicht“
CSU-Chef Markus Söder, der als Bayerns Ministerpräsident eine starke Autoindustrie-Lobby vertritt, sieht in der EU-Entscheidung ein positives Signal, fordert jedoch mehr. „Das ist ein sehr gutes Signal, wenn auch nur ein erster Schritt, denn nur zehn Prozent Verbrenner reicht noch nicht“, erklärte Söder der Deutschen Presse-Agentur in München. Er betonte, dass das Europaparlament „sicher noch deutlich weitergehen“ könne und lobte die Entwicklung als Ergebnis der Positionen Deutschlands und Bayerns.
Söders Haltung unterstreicht die Spannungen innerhalb der EU: Einerseits soll die Industrie entlastet werden, um Arbeitsplätze zu sichern, andererseits droht ein Verlust an technologischer Führungsstärke gegenüber Asien, wie Branchenexperte Stefan Bratzel warnt: „Je länger wir uns mit diesen Kämpfen aufhalten, desto länger halten wir uns selbst davon ab, wieder vor die technologische Welle zu kommen.“
Scharfe Kritik aus der Opposition
Die geplante Lockerung löst breite Kritik aus. Grünen-Europaabgeordneter Michael Bloss wirft der EU eine „Serie konservativer Fehlentscheidungen“ vor, die Europa „vom möglichen Weltmarktführer zum Schlusslicht“ mache. Die Linken-Abgeordnete Agnes Conrad sieht darin eine „Verwässerung des Verbrenner-Aus“, die die europäische Klimapolitik sabotiere und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verlängere.
Auch aus der SPD kommt Tadel: Europaabgeordneter Tiemo Wölken bemängelt die mangelnde Transparenz der Verhandlungen, die mit „Populisten und Rechtsextremen“ geführt wurden, ohne Einbindung der „demokratischen Mitte“. „Demokratisches Policymaking geht anders“, so Wölken.
Wirtschaftsvertreter äußern ähnliche Bedenken: Die Debatte bremsse den Fortschritt in der Elektromobilität und lasse Deutschland Marktanteile an asiatische Konkurrenten verlieren.
Ausblick: Politischer Streit vor der Tür
Sollten die EU-Vorschläge im Parlament Mehrheiten finden, wäre das Verbrenner-Verbot de facto aufgehoben – ein Schlag für die Green Deal-Initiative. Der Streit in Brüssel könnte die Umsetzung verzögern und Auswirkungen auf die deutsche Autoindustrie haben, die zwischen Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit balanciert. Während Söder und Merz auf weitere Abkehr drängen, mahnen Kritiker vor einem technologischen Rückstand und drohenden Marktrückgängen. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Europa seinen Kurs korrigiert oder den Klimawandel weiter ignoriert.
