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🇺🇦 Selenskyj stellt Bedingungen für Wahlen im Kriegszustand nach Trumps Kritik
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich grundsätzlich dazu bereit erklärt, Präsidentschaftswahlen auch während des anhaltenden russischen Angriffskriegs in der Ukraine abzuhalten. Allerdings knüpft er dies an eine entscheidende Bedingung: Die Gewährleistung der Sicherheit muss mithilfe der US-amerikanischen und europäischen Partner sichergestellt werden.
Trumps Vorwürfe und die Legitimitätsdebatte
Diese Erklärung ist eine direkte Reaktion auf die jüngste Kritik des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Im Gespräch mit dem Magazin Politico hatte Trump zeitnahe Wahlen gefordert. Gleichzeitig warf er Selenskyj vor, den Krieg als Vorwand zu nutzen, um den Urnengang zu verzögern.
„Sie sprechen zwar von einer Demokratie, aber irgendwann ist es keine Demokratie mehr“, so die kontroverse Aussage Trumps.
Ironischerweise äußerte Trump dennoch seinen Glauben an einen Wahlsieg des amtierenden Präsidenten. Ähnliche Vorwürfe zur Legitimität Selenskyjs kommen bereits seit Längerem aus Moskau. Der Kreml stellt die Amtsführung des ukrainischen Präsidenten infrage, da dessen reguläre Amtszeit unter normalen Umständen bereits im vergangenen Jahr ausgelaufen wäre.
📜 Das Verfassungshindernis: Verbot von Wahlen im Kriegsrecht
Kyjiw weist die Vorwürfe unter Verweis auf das geltende Kriegsrecht konsequent zurück. Nach ukrainischem Recht sind die Abhaltung von Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen während des Kriegsrechts verboten.
Obwohl ein entsprechendes Gesetz geändert werden könnte, bleibt die Verfassung bestehen. Diese sieht Parlamentswahlen ebenfalls erst nach der Aufhebung des Kriegsrechts vor. Damit ergibt sich ein fundamentales Problem:
Verfassungsänderungen sind – wie in vielen anderen Ländern auch – während eines verhängten Kriegsrechts nicht zulässig.
Selenskyjs Ankündigung: Vorschläge für Anpassungen
Um dieses verfassungsrechtliche Dilemma zu lösen, hat Selenskyj angekündigt, Vorschläge ausarbeiten zu lassen. Diese sollen aufzeigen, wie Gesetze so angepasst werden könnten, dass Wahlen auch unter den aktuellen Bedingungen möglich wären. Sobald die genannten Voraussetzungen erfüllt seien, könne schnell gehandelt werden:
Die Ukraine wäre „bereit, in den nächsten 60 bis 90 Tagen Wahlen abzuhalten.“
Selenskyj bekräftigte, er habe persönlich den Willen und die Bereitschaft dazu.
🇮🇹 Rom-Besuch: Vertrauen in Meloni und diplomatische Bemühungen
Selenskyj bekräftigte seine Wahlbereitschaft auch während seines Besuchs in Italien. Am Dienstag traf der ukrainische Präsident die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in Rom.
Im Vorfeld des Treffens sagte der ukrainische Staatschef, er „vertraue Meloni“ bei den Friedensverhandlungen und glaube, dass sie helfen werde. Auch hier betonte er, dass er „immer bereit“ für Wahlen sei.
🇻🇦 Papst-Audienz: Fokus auf Gefangene und Kinder
Am Morgen seines Treffens mit Meloni wurde Selenskyj von Papst Leo im Vatikan empfangen. Das „herzliche“ Gespräch drehte sich um den Krieg, wobei der Fokus auf den Kriegsgefangenen und der dringenden Notwendigkeit lag, die Rückkehr der ukrainischen Kinder zu ihren Familien sicherzustellen.
Der Papst bekräftigte die Notwendigkeit, den Dialog fortzusetzen, und erneuerte seine „dringende Hoffnung“, dass die laufenden diplomatischen Initiativen zu einem gerechten und dauerhaften Frieden führen können. Selenskyj informierte Papst Leo im Gegenzug über die diplomatische Arbeit mit den Vereinigten Staaten und die Vermittlungsbemühungen des Vatikans bezüglich der entführten Kinder. Er würdigte die Unterstützung und lud den Papst zu einem Besuch in der Ukraine ein, der seiner Ansicht nach ein „starkes Signal der Unterstützung“ senden würde.
📢 Proteste gegen Trump in Rom
Als Selenskyj in Rom eintraf, wurde seine Ankunft von einer Demonstration begleitet, die sich gegen Donald Trumps jüngste Äußerungen richtete.
Zahlreiche Teilnehmer eines +Europa-Flashmobs protestierten gegen „Trumps Angriff auf Europa“. Sie zeigten ein Banner, das aus den 27 EU-Flaggen zusammengenäht war, wobei die ukrainische Flagge in der Mitte eine symbolische Umarmung bildete. Die Protestierenden, darunter Europaabgeordnete, forderten die italienische Regierung auf, die Eindeutigkeit ihrer Haltung zu klären. Sie betonten, dass die Ukraine die europäischen Werte verteidige und ihr Schicksal die sicherheitspolitische Zukunft des gesamten Kontinents betreffe.
🛑 Die verfassungsrechtlichen Hürden für Wahlen im Krieg
Die Durchführung von Wahlen in der Ukraine erfordert eine Änderung der Verfassung, da die aktuellen Regeln die Abhaltung von Wahlen unter Kriegsrecht verbieten. Dieses Verbot soll die politische Stabilität und die Kontinuität der Staatsmacht in der existenziellen Krise sichern.
1. Die Verbotsregeln (Art. 157 & Art. 108)
Die beiden wichtigsten verfassungsrechtlichen Bestimmungen, die Wahlen im Wege stehen, sind:
Artikel 157: Dieser Artikel verbietet ausdrücklich die Änderung der Verfassung unter den Bedingungen des Kriegs- oder Ausnahmezustands.
Artikel 108 (in Verbindung mit dem Kriegsrecht): Dieser Artikel legt fest, dass der Präsident seine Befugnisse bis zur Wahl und Vereidigung eines neuen Staatsoberhauptes weiter ausübt. Da die Wahl aufgrund des Kriegsrechts (Gesetz über das Kriegsrecht) nicht stattfinden kann, verlängert sich die Amtszeit von Selenskyj automatisch, bis das Kriegsrecht aufgehoben wird.
Fazit: Die Verfassung selbst macht die Änderung der Verfassung während des Krieges illegal.
2. Das reguläre Verfahren zur Verfassungsänderung
Unter Friedensbedingungen würde eine Verfassungsänderung, beispielsweise zur Ermöglichung von Wahlen im Krieg, das folgende, langwierige Verfahren erfordern, das eine breite politische Einigkeit voraussetzt:
Einleitung: Der Entwurf zur Änderung muss vom Präsidenten oder mindestens einem Drittel der Abgeordneten der Werchowna Rada (Parlament) eingebracht werden.
Verfassungsgericht: Der Entwurf muss zwingend zur Prüfung der Konformität mit den Artikeln 157 und 158 an das Verfassungsgericht geschickt werden (u. a. Prüfung, ob die Grundrechte oder die Unabhängigkeit des Staates betroffen sind).
Erste Lesung: In der ersten Lesung im Parlament muss der Entwurf von einer einfachen Mehrheit (mindestens 226 der 450 Abgeordneten) befürwortet werden.
Zweite Lesung (Endgültige Annahme): Die endgültige Annahme in der nächsten ordentlichen Sitzungsperiode (die nächste Tagung beginnt in der Regel im September oder Februar) erfordert eine qualifizierte Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der Abgeordneten (mindestens 300 Stimmen).
Selbst wenn alle Abgeordneten anwesend wären, müssten 300 von ihnen (2/3) zustimmen. Da derzeit mehr als 40 Sitze im Parlament vakant sind (wegen der besetzten Gebiete), ist die Erreichung dieser Zahl extrem schwierig und erfordert eine nahezu vollständige Einigkeit der verbliebenen Parteien.
3. Der mögliche „Ausweg“ – Selenskyjs Vorschläge
Präsident Selenskyjs Ankündigung, Vorschläge ausarbeiten zu lassen, zielt darauf ab, einen legitimen rechtlichen Weg zu finden, um die „verfassungsimmanenten Riegel“ zu umgehen oder zu entschärfen.
Die theoretischen Optionen für diesen „Ausweg“ wären:
Aufhebung des Kriegsrechts (Teilweise/Temporär): Die einfachste Lösung wäre die vollständige Aufhebung des Kriegsrechts. Dies ist aber politisch und militärisch inakzeptabel, da es die Befugnisse der Exekutive massiv einschränken würde. Eine andere Möglichkeit wäre die temporäre oder lokale Aufhebung des Kriegsrechts für einen kurzen Zeitraum, um die Wahl abzuhalten, gefolgt von der sofortigen Wiedereinführung. Dies wäre ein juristischer und politischer Drahtseilakt und birgt extreme Sicherheitsrisiken.
Änderung des Gesetzes über das Kriegsrecht: Das einfache Gesetz, das Wahlen verbietet, könnte geändert werden. Allerdings würde dies nicht die Verfassung überschreiben, die ebenfalls Wahlen nach Aufhebung des Kriegsrechts vorsieht.
„Staatliche Notwendigkeit“ und Referendum: Ein radikaler Schritt wäre die Berufung auf die „staatliche Notwendigkeit“ (eine Art übergesetzlicher Notstand) und die Durchführung eines gesamtukrainischen Referendums über die Verfassungsänderung, was nach Art. 72 der Verfassung möglich ist. Dieses Vorgehen wäre jedoch hoch umstritten und würde das Verbot des Art. 157 direkt verletzen.
Fazit: Jede Lösung erfordert entweder das Ende des Krieges oder einen politischen Konsens (insbesondere mit der Opposition und den internationalen Partnern), um einen juristisch höchst fragwürdigen Weg zu gehen, der die Verfassungsprinzipien in Kriegszeiten bewusst aushebelt.
